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Meine Reise nach Brasilien, ins Heimatland der Mate


Um ehrlich zu sein, war ich noch nie ein großer Mate-Fan. Doch wie sehr sich das ändern sollte, hätte ich mir nicht ausmalen können. Jetzt sitze ich hier mit meinem Sohn, der gerade Hausaufgaben macht (mit dem Schreiben dieses Blogs ist es ja sehr ähnlich) und gemeinsam teilen wir uns eine Cuia voll mit „erva mate“ oder auch „yerba mate“ – je nachdem, ob wir uns gerade im Portugiesisch sprechenden Brasilien oder Spanisch sprechenden Argentinien befinden. 

Doch zuerst einmal muss ich meinen Koffer holen! 

Was mir am Flughafen von Curitiba gesagt wird, hatte ich vorher noch nie gehört: bei Einreise nach Brasilien muss das Gepäck persönlich am ersten Flughafen abgeholt werden, an dem man landet – egal ob man noch umsteigt oder an seinem Endpunkt angekommen ist. Somit stehe ich in Curitiba, während mein Koffer noch in Sao Paulo steht. Dumm gelaufen. Doch meine Freunde Cesar und Marcello reagieren sofort und organisieren mir schnellstmöglich Wechselkleidung – vermutlich auch um deren Wohl, denn niemand weiß wann und wo ich meinen Koffer wieder sehe. Also stehe ich frisch geduscht mit einem „Qualita de Mate Brasil“ T-Shirt im Hotel, statt meinem TeeGschwendner-Shirt, macht aber auch nichts. 
Wir reisen am nächsten Tag mehrere Stunden mit dem Auto Richtung Grenzgebiet, zum südamerikanischen „Dreiländereck“ nahe Brasilien – Argentinien – Paraguay. Dort befinden sich die Wälder, in denen ilex paraguayensis heimisch ist – der Mate-Strauch. Mir fällt immer wieder auf, dass die Menschen Tag und Nacht mit Thermoskannen unterwegs sind. Diese sind so selbstverständlich unter dem Arm geklemmt, wie hierzulande Handtaschen. In der dazugehörigen Hand befindet sich meistens eine Cuia, also das traditionelle Trinkgefäß, aus dem Mate konsumiert wird. Selbstverständlich gehört dazu die Bombilha, der Trinkhalm mit Sieb, der schlichtweg durch die immense Menge Mateblätter in der Cuia seine Position hält. Oben ist das Ganze offen, so als würde man mit einem Teebecher durch die Stadt flanieren. 

Das alltägliche Mate-Ritual

Der Morgen beginnt stets gleich, die Cuia wird für den Tag vorbereitet. Das bedeutet, dass die präferierte Sorte Mate in die Cuia gefüllt wird, bis diese mindestens zur Hälfte voll ist und mit Hilfe eines sehr genau definierten Rituales die Blätter befeuchtet werden, um anschließend die Bombilha einzufüllen. Oben auf erhebt sich ein kleiner Mateberg am Rande der Cuia, der allem Anschein nach dekorativ wirkt. Mir wird aber versichert, dass er sich im Laufe des Tages ebenfalls mit Wasser vollsauge, bis wirklich das letzte Bisschen Geschmack entzogen wurde. 
Übrigens darf nicht jeder einfach eine Cuia vorbereiten, sondern aus jeder Gruppe wird eine bestimmte Person dafür auserkoren, der „maestro del mate“. Eine große Bürde und gleichzeitig auch große Ehre. Ich komme mir fast vor wie bei einer chinesischen Teezeremonie, die ebenfalls strengen Regeln folgt. Als Deutscher, der Mate bisher immer „Pi mal Daumen und mit Augenmaß“ zubereitet, mache ich schon beim Wiederholen der Schritte in der Theorie dutzende Fehler, sodass mir nahe gelegt wird, dass „jemand mit mehr Erfahrung die Cuia vorbereiten sollte“. Zu freundlich! 
Die starke Zubereitung hat überdies auch noch einen praktischen Sinn. Ist die erste „Dosis“ am Morgen sehr intensiv und voller Koffein, nimmt der Gehalt im Laufe des Tages immer weiter ab. Ganz ähnlich wie bei Grünem Tee in China. Bisher hatte ich Mate immer als Mate verstanden, ein Strauch, verschiedene Länder, keine allzu gravierenden Geschmacksunterschiede. Doch in den Wäldern Brasiliens erklären mir meine Freunde die wichtigen Unterschiede. 

Mate in Brasilien vs. Argentinien

So wächst Mate in Brasilien meistens im Wald und wird von vielen hohen Bäumen umgeben. Das wirkt ein bisschen wie ein natürlicher Sonnenschirm und mir kommt das Konzept bekannt vor, denn in Assam wird mit den Teesträuchern ganz genauso verfahren. In Argentinien beispielsweise wächst Mate in der prallen Sonne, was man deutlich schmecken kann. Viel intensiver, kräftiger, bitterer ist der Aufguss. 
Ein weiterer Unterschied ist die Trocknung. Traditionell wird Mate zwei Mal getrocknet, um seinen intensiven Charakter zu entfalten. Dabei werden normalerweise Holzfeuer verwendet. Doch Marcello und Cesar gehen einen anderen Weg: um die strengen Grenzwerte der EU einzuhalten, verwenden sie Gas und Biomasse und dichten alle Trocknungstunnel ab, sodass die Mate zwar nicht so intensiv-rauchig schmeckt wie die landestypischen Qualitäten, dafür allerdings rückstandsfrei und für den europäischen Markt geeignet. 
Auch bei gerösteter Mate geht man einen anderen Weg. Als einzige Hersteller in Südamerika verwenden sie eine deutsche „Probat“ Kaffeeröstanlage, die mit Gas betrieben wird. Zum einen kann man so sehr exakt den Röstgrad definieren. Zum anderen bleibt die Mate auch hier frei von Verbrennungsrückständen. 

Und so wurde ich zum Senor bombadilha

So langsam beginne ich mich in Mate zu verlieben. Zwar bin ich auch unterwegs in Sachen Tee, allerdings ertappe ich mich immer öfter mit einer Cuia in der Hand. Zu Hause angekommen, werde ich mittlerweile „Senor bombadilha“ genannt, weil ich auch im Büro immer öfter zu Flaschenkürbis und Metallstrohhalm greife. Marcello und Cesar schicken mir vorsorglich noch ein paar Kilos Mate, damit ich „über die Runden komme“. Muchas gracias!
Autor: Daniel Mack, Leitung Tee-Einkauf
Seit fast 20 Jahren arbeitet er im deutschen Teehandel und ist bei TeeGschwendner verantwortlich für den Einkauf der Tee-Rohwaren aus aller Welt. Als Tea Taster liegen seine Schwerpunkte im Bereich Südostasien, Indien und den „Exoten“ wie Neuseeland und Georgien.

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