Reise ins Land der tausend Hügel - Ruanda
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2021, mitten in der Pandemie, erreichen uns verschiedenste Besucher in unserer Firmenzentrale in Meckenheim kurz hinter einander. Höchst unterschiedliche Menschen sprechen mit uns, doch alle mit dem gleichen Ziel: „Fahrt nach Ruanda, es gibt dort unglaublich guten Tee!“.
So unvermittelt begann unsere – noch – junge Geschichte in diesem ostafrikanischen Land. Alle Besucher empfahlen uns dringend den Kontakt mit der Familie Mutangana, die zwei Teefabriken in Ruanda betreibt und deren jüngste Generation bereits in der Planung zu langfristigen Verbesserungen in der eher konservativ eingestellten, afrikanischen Teewirtschaft ist. Aber fangen wir ca. 10 Jahre vorher an.
Ideale Voraussetzungen für den Teeanbau
Ruanda ist ein Binnenland ohne direkten Anschluss an einen Seehafen. Dafür jedoch ist es unglaublich reich an natürlichen Ressourcen, allen voran einer atemberaubend fruchtbaren Flora und Fauna. Im „Land der 1000 Hügel“ wächst nahezu alles, was es auf dem afrikanischen Kontinent gibt und noch viel mehr. Die Böden sind vulkanischen Ursprungs und daher äußerst nährstoffreich.
Trotz der idealen Voraussetzungen hat es aber bis vor einigen Jahrzehnten kaum nennenswerten Tee-Anbau gegeben. Für die Familie Mutangana änderte sich 2010 ihr bisheriges Leben als Händler schlagartig, als Jean-Baptiste die Karongi Tea Factory gründet. Von nun an sind sie Teebauern.
Der Teegarten Karongi
Der Teegarten wurde in zwei Schritten geplant. Zum einen versorgen unmittelbar angrenzende Teefelder die Fabrik. Darüber hinaus bringt eine Kleinbauernkooperative vertraglich vereinbarte Mengen frischer Blätter zur Weiterverarbeitung. Installiert wurden seinerzeit die üblichen Maschinen zur Herstellung gewöhnlicher CTC (crushing tearing curling) Tees, die wunderbar in kleine, britische Teebeutel passen. Doch Karongi kann mehr, viel mehr!
Schon auf der Fahrt ans südwestliche Ende des Landes (die Grenze zur Demokratischen Republik Kongo können wir vom Hotelzimmer aus über den See hinweg erkennen) klettern wir immer höher, bis wir auf knapp 2.000m die ersten Teepflanzen entdecken. Nochmal zum Mitschreiben: zwei-Tausend-Meter! Das ist das gleiche Höhenlevel wie in Darjeeling – allerdings weitaus wärmer.
Die jungen Teepflanzen überziehen die Landschaft wie ein saftig grüner Teppich und schon von weitem erkennen wir die dampfenden Schornsteine der Fabrik. Freudig begrüßt man uns und wir freuen uns ebenso sehr, endlich wieder im Tee zu sein (Coronabedingt lag die letzte Reise ein Weilchen zurück).
Stolz präsentiert man uns die CTC Maschinen, sowie die ersten orthodoxen Roller, die man eigens aus Sri Lanka importiert hat. Noch wird viel experimentiert, der junge Tea Maker Calvin ist voller Herzblut im Tee und erläutert uns die Verarbeitungsschritte. Noch ist vieles Handarbeit, neue Förderbänder sollen bald angeschafft werden.
Soeben breiten Mitarbeiter eine frische Charge gerollten Tee zur Oxidation aus. Derweil werden wir in die Verkostung eingeladen, man hat die gestrige Produktion für uns vorbereitet. Außer einem 2x1m Tisch steht noch nichts in der Verkostung, locker hätten 15 solcher Tische Platz – man stehe ja noch am Anfang der Entwicklung :-)
Wir stellen unsere mitgebrachten Muster ebenfalls zu den frisch produzierten Tees und vergleichen. Sofort fällt uns auf, welches ungeheure geschmackliche Potenzial der Tee aus Karongi hat. Die Höhenluft tut dem Tee gut, er steckt voller Kraft. Aber noch sei der Ausschuss zu hoch und der ceylonesische Installateur musste aufgrund von Corona wieder nach Hause.
"I don't think it's going to work..."
Thomas Holz und ich lassen uns noch einmal genau jeden Schritt erläutern und vergleichen diese mit unserem Erfahrungsschatz aus vielen Jahren der Besuche in allen möglichen Ländern. Schnell erarbeiten wir gemeinsam eine angepasste Verarbeitung, die alsdann umgehend mit frischen Blättern ausprobiert wird (daran mangelt es hier offenbar zu keiner Zeit). Mit einer gewissen Skepsis macht sich Calvin an die Arbeit „I don’t think it’s going to work…“
Einige Zeit später ruft er uns eilig in die Verkostung. Die neue Charge sei fertig. Wir erblicken das Blatt, es duftet noch lauwarm aus dem Trockenofen und wir sind umhüllt von Karamell, Brotkruste, Kakao, Malz und Haselnuss – was für ein Aroma! Selbst Calvin ist angetan, er sei verblüfft, dass es funktioniert hat. Und wir besiegeln sofort per Handschlag die Abnahme des Tees, den Karongi in den kommenden Tagen nach diesem Vorbild herstellt. Und der Preis? Wir zahlen das Doppelte von dem, was sie für ihren CTC auf der Teebörse in Mombasa erhalten. Wie wir später erfahren, ist es der höchste Preis, den ein Tee in Ruanda je erzielt hat.
Da wir für einige Mischungen tatsächlich auch CTC benötigen, kaufen wir ebenfalls noch einige Säcke hiervon ein, die kommen in den gleichen Container.
Glücklich und zufrieden beschließen wir diesen ersten Besuch bei einem Abendessen mit frischem Fisch aus dem Lake Kivu und einer Flasche Bier. In der Dunkelheit hört man Zikaden zirpen. Ich habe mich in dieses Land und in diesen Tee verliebt!