Wie bereite ich Tee in einer Seitengriffkanne (kyûsu) zu?
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Jeder hat sie schon einmal gesehen und sich anfangs gefragt, woher sie kommen und wozu man diese kleinen Kannen überhaupt braucht. Schließlich haben Kannen in Europa eher Größen von mindestens einem halben Liter, viel häufiger sind Exemplare mit dem doppelten oder dreifachen Fassungsvermögen. Und die kleinen Seitengriffkännchen? Die kommen üblicherweise mit 100-300ml Volumen daher. Was, 100ml? Ja, genau. Also wozu das Ganze?
Warum Seitengriffkannen so klein sind
Der Grund für die geringere Größe liegt nicht darin begründet, dass die Menschen in Japan – dort kommen die Kannen in der Regel her – weniger Tee trinken. Es hat viel mehr mit der Art des Teegenusses zu tun, wie er häufig im fernen Osten praktiziert wird. Ursprünglich war Tee ein gesellschaftliches Ereignis, eine Art Zusammenkunft mit Freunden und Gleichgesinnten, bei dem Tee getrunken wurde. Der Tee blieb dabei immer in der Zubereitungskanne, dem heutigen Seitengriffkännchen, und der daraus erfolgte Aufguss wurde nach einer gewissen Ziehzeit direkt in die Tassen der Gäste gegossen. Auf einem Kohlestövchen siedete Wasser vor sich hin und war sofort für den nächsten Aufguss griffbereit. Daher hat man den Tee etwas höher dosiert und statt einem je nach Geschmack eine Vielzahl von Aufgüssen zubereitet. Bei diesem Ansatz geht es also darum, einerseits möglichst viel aus den Blättern herauszuholen und andererseits zu beobachten, wie sich der Geschmack des Tees von Aufguss zu Aufguss verändert.
Was sollte man beim Mehrfachaufguss in der Seitengriffkanne beachten?
Verdeutlichen wir das anhand eines Beispiels mit unserer Nr. 705, Japan Sencha Extra Fine:
1g pro 50ml Wasser (80°C), Ziehzeit in Sekunden pro Aufguss: 30/10/60
Wir nehmen pro 50ml Fassungsvermögen unserer Kanne einen Gramm Tee. Auf einen Liter gerechnet wären das 20g anstelle der sonst empfohlenen 12g! Aus diesem Grund muss man mit den Ziehzeiten natürlich anders verfahren und die Ziehzeit verkürzen. Der erste Aufguss sollte daher nicht länger als 30 Sekunden betragen bei 70-80°C Wassertemperatur. Wir zählen ab dem Moment, an dem das Wasser die Blätter berührt. Abgegossen wird dann nach 30 Sekunden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass möglichst kein Tropfen mehr zurückbleibt.
Der zweite Aufguss ist etwas tricky, denn die Blätter sind bereits feucht und geben schnell Geschmack ans Wasser ab. Aus diesem Grund sollten diese so kurz wie möglich bei 80°C brühen. Das bedeutet, dass Wasser über die Blätter gegossen wird und gleich danach ohne weitere Ziehzeit der Tee abgegossen werden kann.
Der dritte Aufguss kann dann wieder etwas entspannter angegangen werden mit einer Ziehzeit von 45 Sekunden und 80-90°C. Wer möchte, kann darüber hinaus noch weitere Aufgüsse versuchen. Von Aufguss zu Aufguss nehmen die verbliebenen Geschmacksstoffe immer mehr ab, daher wird der Tee erfahrungsgemäß milder und es muss eventuell mit der Ziehzeit und Temperatur etwas experimentiert werden, um das für sich beste Ergebnis zu erzielen. Spannend ist diese Methode allemal, da man seine Lieblingstees von einer ganz neuen Seite kennenlernen kann.